LebenHelfen und der Rotary Club Limburg engagieren sich gemeinsam mit insgesamt 3000 € für Leona aus Obertiefenbach. Das 2 ½ Jährige Mädchen leidet an dem sog. Rett-Syndrom. Mit dem Geld soll eine Reittherapie finanziert werden, die Leona und ihrer Familie beim Umgang mit der Krankheit helfen soll.
Von Tobias Ketter
BESELICH-OBERTIEFENBACH . Die zweieinhalbjährige Leona Engel ist krank. Das junge Mädchen aus Obertiefenbach erhielt vor einigen Monaten die Diagnose Rett-Syndrom. Es handelt sich um eine nicht erblich bedingte Gen-Mutation, die zu geistigen und körperlichen Behinderungen führt. Mehr als 90 Prozent der Betroffenen können beispielsweise nicht sprechen. Oftmals kommt es darüber hinaus zu Atembeschwerden, Herzproblemen, Epilepsie und Gangstörungen. Am Rett-Syndrom leiden fast ausschließlich Mädchen. Die Krankheit gilt bislang als unheilbar. Im Gespräch mit dieser Zeitung berichten die Eltern der kleinen Leona vom mitunter schwierigen Alltag und von ihren Hoffnungen für die Zukunft.
„Unsere Tochter ist gesund zur Welt gekommen. Das erste Lebensjahr war unauffällig“, sagt Michaela Engel. Im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester Paulina konnte Leona laut den Eltern aber an ihrem ersten Geburtstag noch nicht laufen. „Das hat uns erstmal nicht beunruhigt“, so die 39-jährige Mutter weiter. In den folgenden Monaten ist es allerdings beim Stadium des Krabbelns geblieben. Und die sprachlichen Fähigkeiten haben sich zurückentwickelt. „Leona ist verstummt. Hinzu kamen massive Schlafstörungen sowie Wutanfälle und Schreiattacken“, teilt Michaela Engel mit.
Das Ehepaar suchte dann gemeinsam mit der Tochter mehrere Ärzte auf. „Zunächst äußerten diese die Vermutung, dass es sich um Autismus oder Epilepsie handeln könnte. MRT- und EEG-Untersuchungen waren aber weitestgehend unauffällig“, sagt Michaela Engel. Ein Mediziner aus Fulda habe ihr dann mitgeteilt, dass möglicherweise das seltene Rett-Syndrom für die Rückentwicklung der sprachlichen Fähigkeiten verantwortlich sein könnte. Das Hoffen und Bangen vor der finalen Diagnose sei „der Horror“ für das Ehepaar gewesen. Eine Gen-Analyse brachte letztlich Gewissheit. „Ende Juni dieses Jahres war dann klar, dass es sich um das Rett-Syndrom handelt“, berichten die Eltern.
Derzeit befindet sich die Zweinhalbjährige in der sogenannten Aufbauphase. Dabei soll durch verschiedene Therapien eine Statusverbesserung herbeigeführt werden. „Wir nutzen Physio- und Ergotherapien. Außerdem arbeiten wir mit einem Logopäden und einem Osteopathen zusammen. Und auch eine Reittherapie soll dabei helfen, den Zustand zu verbessern“, sagt Vater Niclas Engel. Kleine Fortschritte seien bereits erkennbar. „Leona ist ausgeglichener, sie hat weniger Wutausbrüche und auch die autistischen Züge sind nicht mehr so ausgeprägt“, so der Familienvater weiter.
Bürokratische Hürden bei Medikamenten-Beschaffung
Beide Elternteile üben übrigens weiterhin ihre Berufe aus. „Das funktioniert eigentlich recht gut, aber manchmal ist es auch sehr anstrengend, da Leona oftmals nachts hellwach ist, weil die Krankheit zu weniger Müdigkeitsempfinden führt“, so die Mutter. Des Weiteren sorge der Papierkram für viel Stress. „Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises und die Beschaffung der Medikamente sind mit hohen bürokratischen Hürden verbunden“, monieren die beiden Obertiefenbacher.
Und wie plant die Familie eigentlich ihre Zukunft? „Uns ist mittlerweile bewusst, dass Leona auch im Teenager-Alter noch pflegebedürftig sein wird. Wir denken auch deshalb darüber nach, unser Haus umzubauen“, sagt Michaela Engel. Sie und ihr Ehemann setzen ihre Hoffnungen in die Forschung. Möglicherweise könne nämlich in einigen Jahren eine Gen-Therapie zur Heilung angewendet werden.
Familie Engel hat sich das Ziel gesetzt, die Menschen auf die seltene Krankheit aufmerksam zu machen. „Je mehr Leute sich mit dem Thema befassen, desto schnelle geht die Erforschung des Rett-Syndroms voran“, weiß Michaela Engel. Auch deshalb hat sie einen Instagram-Account angelegt. Unter leonas_welt_rett werden Informationen zum Leben von Leona und Bilder von den Therapien veröffentlicht. „Durch den Account konnten wir bereits viele Kontakte zu anderen betroffenen Eltern knüpfen. Das ist eine große Hilfe“, berichtet die 39-Jährige.
Kommunikation mit der Familie ist ein Problem
Das größte Problem im Alltag der Familie ist derzeit die Kommunikation. „Leona kann uns nicht wirklich darauf hinweisen, wenn sie Beschwerden hat oder etwas braucht. Oft wacht sie nachts weinend auf und wir wissen einfach nicht, was ihr fehlt“, sagt Michaela Engel. Die Familie aus dem Beselicher Ortsteil nutzt seit gut zwei Wochen ein Gerät, um dem kranken Mädchen nun „eine Stimme zu geben“. Es handelt sich um einen großen roten Knopf, der beim Drücken einen zuvor auf die Maschine aufgesprochenen Wortlaut abspielt. „Wir haben das Wort ,nochmal‘ hinterlegt. Wenn Leona also den Knopf benutzt, signalisiert sie beispielsweise, dass sie beim Essen noch einen weiteren Löffel haben möchte“, erklären die Eltern. Durch diese Methode solle dem Kind beigebracht werden, dass auf eine Aktion von ihr eine Reaktion folge. Weitere Begriffe wie beispielsweise ja und nein sollen folgen.
Um die Kommunikation noch weiter zu verbessern, komme darüber hinaus auch ein spezieller Computer in Frage. „Auf diesem sind viele Bilder zu sehen. Wenn Leona dann mit Hilfe eines Laser-Pointers auf eines der Bilder schaut, wissen wir, was sie möchte“, sagt Michaela Engel. Die Nutzung eines solchen Gerätes sei aber eigentlich erst für Heranwachsende ab dem siebten Lebensjahr geeignet.
Trotz der Krankheit versucht die Familie ihren Alltag möglichst normal zu gestalten. Leona geht in die Kinderkrippe Bärenhöhle. „Dort kümmert sich eine Integrationskraft um unsere Tochter. Das läuft sehr gut“, sagt Michaela Engel. An drei Tagen pro Woche finden außerdem Therapien statt. Und auch die Großeltern werden regelmäßig besucht. „Ich gehe mit Leona manchmal sogar zum Kinderturnen hier in Obertiefenbach. Das hilft beim Knüpfen von sozialen Kontakten“, berichtet Niclas Engel. Und die ältere Tochter Paulina werde trotz der schwierigen Situation natürlich auch nicht vernachlässigt.